18.10.19
Autor: Moritz Meyer
Seit wenigen Tagen fügt Amazon auf dem deutschen Marktplatz einer kleinen Gruppe von Testpersonen den Zusatz „unter X Euro“ bei vielen Suchvorschlägen hinzu, wodurch nach dem Klick eine um den Preis gefilterte Suche folgt.
Wir haben eine repräsentative Auswahl der Top 250.000 Suchbegriffe gemäß Amazon.de Markenanalyse (Brand Analytics) untersucht. Der Preisfilter „unter x Euro“ erscheint dabei fast bei jedem zweiten eingegebenen Suchbegriff innerhalb der Suchvorschläge. Damit ist quasi jeder Amazon-Verkäufer von dem neuen Update positiv oder negativ betroffen.
Das Update betrifft beim Suchen vor allem den ersten Suchvorschlag. Beispiel: Kunde sucht nach „Brettspiele“. Der erste automatische Suchvorschlag (Search Suggest) seitens Amazon ist normalerweise „Brettspiele ab 8 Jahren“. Jetzt schlägt Amazon als erstes „Brettspiele ab 8 Jahren unter 13 Euro“ vor.
Dies hat dramatische Folgen für die Suchergebnisse und wird folglich auch zu spürbaren Traffic- und Umsatzveränderungen bei Verkäufern mit Produkten über 13 Euro führen (wenn der Test so oder in ähnlicher Form zu einem richtigen Update wird). Marken mit Niedrigpreispolitik freuen sich natürlich! Alle Produkte über 13 Euro sind für das eingegebene Keyword mit Preisfilter nun direkt unsichtbar.
Wir können aktuell noch keine einheitliche Logik erkennen, sehen in unseren Tests aber, dass Amazon sehr starke Eingriffe in die bisherige Preisstruktur nimmt.
Beispiel 1:
Beispiel 2:
Demnach handelt es sich nicht um einen kleinen Test, der nur marginale Veränderungen der Rankings, bzw. überhaupt sichtbaren Produkte nach sich zieht.
Spannend ist, dass der Filter nicht für etwaige Werbekampagnen greift, wodurch der Amazon-Kunde bei vielen Suchergebnissen zunächst trotzdem Produkte mit höheren Preisen sieht. Für Seller und Vendoren, die auf Amazon Werbung setzen, kann dies Vorteile, aber auch Nachteile haben. Verkäufer mit Produktpreisen, die über den neuen Preisfiltern liegen, müssen Sichtbarkeit nun extra einkaufen.
Interessanterweise haben wir viele Beispiele gefunden, bei denen die SERPs trotz Filter vereinzelt Produktpreise aufweisen, die über dem gesetzten Preis liegen. Im Folgenden ein Beispiel für den Suchbegriff „staubsauger miele unter 200 Euro“:
Übrigens funktioniert der Preisfilter nur, wenn Amazon ihn bei der Suche vorschlägt. Schreibt man manuell hinter ein Suchwort „unter 20 Euro“, greift nicht der echte Filter. Dies zeigt auch, dass es sich nicht um “echte Suchvorschläge” handelt, die indirekt über echte Suchen entstanden sind, sondern um von Amazon hinzugefügte Filter.
Dies lässt sich auch an der URL-Struktur erkennen: Klickt man auf ein Suchbegriff, dem Amazon aktuell “unter X Euro” hinzufügt, enthält die URL der SERPs das Widget “low-asp-widget”. Dies taucht bei “normalen” Suchvorschlägen nicht auf. Wichtig: Es gibt auch echte Suchvorschläge, die “unter X Euro” enthalten. Vor dem neuen Test enthielten laut den Brand Analytics ca. 100 der 250.000 relevantesten Suchbegriffe sowohl “unter” als auch “Euro”.
Wie stark die Preis-Suchfilter bereits ausgespielt und/oder genutzt werden, kann die nächsten Tage auch über die Amazon Markenanalyse untersucht werden, da hier echte Suchen nach Suchvolumen abgebildet werden. Klicken nun viele Besucher auf den Top-Suggest mit Preisfilter, könnte daraus ein “echter” Suggest werden.
Update 20.10.19
Anzahl der Suchbegriffe in den Brand Analytics (Markenanalyse) mit “unter X Euro” von insgesamt 250.000 Top-Suchbegriffen:
Zunächst sollten Amazon Markenhersteller und Händler Ruhe bewahren, da das Update noch nicht vollständig ausgerollt ist und es möglich ist, dass Amazon nur testet und es dadurch nur einen Bruchteil der Amazon-Kunden, bzw. des Traffics betrifft. Der Test, bzw. das Search-Update sollte unserer Einschätzung nach Ernst genommen werden. Möglich ist es auch, dass Amazon seinen riesigen Datenschatz weiter in die Suche einfließen lässt und Suchen immer personenbezogener werden.
Prüfen Sie als erstes, wie tief Amazon den Preisfilter in Ihrer Kategorie, bzw. für Ihre wichtigsten Keywords angesetzt hat. Behalten Sie bei betroffenen Produkten die nächsten Tage unbedingt Ihre Performance-Kennzahlen (Impressionen, Umsatz) im Auge, um etwaige Veränderungen frühzeitig festzustellen.
Unsere Erfahrung und internen Tests zeigen, dass sich typische Amazon-Kunden stark von den Suchvorschlägen lenken lassen. Amazon vereinfacht damit bewusst einen schnellen und oft passenden Sucheinstieg. Die Suchvorschläge sind nach Relevanz absteigend sortiert und entsprechen vereinfacht ausgedrückt den beliebtesten Suchanfragen (mit dem höchsten Suchvolumen). Vor allem Nutzer von mobilen Endgeräten schreiben selten weiter, wenn passende Vorschläge erscheinen. Dennoch ist ein beachtlicher Teil von Produktsuchen auch im Long-Tail-Bereich anzusiedeln, die deutlich seltener den „unter X Euro“ Filter triggern.
Wir untersuchen über unsere Amazon Monitoring- und Keywordtools die nächsten Wochen die Auswirkungen bei unseren Kunden und werden Sie hier auf dem Laufenden halten.
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